Abhängigkeiten und operative Auswirkungen | Prozesse |
Die Bindungsintensität
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Die Bindungsintensität ist ein Maß dafür, wie eng die Zusammenarbeit ist und in wieweit die Kollaborationspartner bereit sind, Informationen über sich selbst und ihr Wissen dem anderen Kollaborationspartner zu überlassen. [ZeSM05] definieren in ihrem Klassifikationsrahmen für zwischenbetriebliche Kooperationen einen Grad der Intensität. Dieser hat die Ausprägungen ‚Austausch von Informationen und Ergebnissen', ‚koordiniert arbeitsteiliges Vorgehen', ‚gemeinschaftliches Vorgehen' und ‚gemeinschaftlich getragene Organisation'. Diese Ausprägungen wurden unter dem Aspekt der vertraglichen und kapitalmäßigen Bindung von Unternehmen definiert, sind jedoch auf die allgemeine Beschreibung von Kollaborationssituationen übertragbar, wenn die Ausprägung, die auf die explizite kapitalmäßige Bindung abzielt, außer Acht gelassen wird. |
Der Grad der Intensität gibt an, ob lediglich Informationen zwischen den Kollaborationspartnern ausgetauscht oder ob die Informationen in Absprache oder gemeinsam erarbeitet werden. Es werden drei Stufen der Intensität unterschieden. Den geringsten Grad der Intensität weist die erste Stufe aus, auf der lediglich ‚Informationen ausgetauscht' werden, das heißt, die Kollaborationspartner informieren sich gegenseitig darüber, was sie unternommen haben, um die gemeinsam festgelegten Ziele zu erreichen. Intensiver ist die Zusammenarbeit, wenn ein ‚koordiniert arbeitsteiliges Vorgehen' im Vorfeld vereinbart wurde. Die durchzuführenden Aktivitäten werden unter den Kollaborationspartnern aufgeteilt und die Ergebnisse der Arbeit ausgetauscht. Den höchsten Grad der Intensität hat die Kollaboration, wenn ein ‚gemeinschaftliches Vorgehen' beschlossen wurde. Die Ergebnisse werden von den Kollaborationspartnern gemeinsam in enger Zusammenarbeit erarbeitet.
Der Informationsaustausch selbst wird anhand der Kriterien Informationsintensität oder Häufigkeit, Informationsübermittlung, beteiligte Organisationseinheiten und Informationsgegenstand systematisiert [Klan95; S.74]. Die Informationsintensität gibt an, ob Informationen einmalig, mehrmalig oder permanent ausgetauscht werden. Die Informationsübermittlung kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Die am Informationsaustausch beteiligten Organisationseinheiten geben an, in wieweit hierarchische Strukturen bei dem Informationsaustausch eine Rolle spielen. Der Informationsgegenstand schließlich gibt Auskunft über die Art der ausgetauschten Information. Es wird unterschieden in unternehmensinterne und unternehmensexterne Informationen. Unternehmensinterne Informationen haben einen höheren Vertraulichkeitsgrad. Unternehmensexterne Informationen können prinzipiell von jedem Kollaborationspartner selbst beschafft werden, das heißt der Austausch dieser Informationen reduziert nur den Aufwand der Kollaborationspartner und erhöht die Geschwindigkeit, mit der Informationen beschafft werden.
Von diesen, den Informationsaustausch beschreibenden Kriterien wird die Informationshäufigkeit als Dimension der ‚Bindungsintensität' aufgenommen. Die Informationsübermittlung ist in dem Umgebungsparameter Informationsverarbeitungsprozess wieder zu finden, die Bedeutung von hierarchischen Strukturen am Informationsaustausch lässt sich aus den organisatorischen Strukturen, in denen die Kollaborationspartner arbeiten, ableiten. Der Informationsgegenstand ist ein Ausdruck für das Vertrauensverhältnis zwischen den Kollaborationspartnern und wird als Dimension ‚Informationstiefe' mit den Ausprägungen ‚gering', ‚mittel' und ‚hoch' abgebildet. Die oben stehende Tabelle beschreibt den Umgebungsparameter ‚Bindungsintensität' mit seinen drei Dimensionen.
Je intensiver die Zusammenarbeit zwischen Kollaborationspartnern ist, desto größer ist die Bedeutung des Einflusses der Organisationskulturen der Kollaborationspartner auf ihr Verhalten. [Klan95; S.101] führt aus, dass eine höhere Kompatibilität der Unternehmenskulturen notwendig ist, wenn die Intensität der Zusammenarbeit zunimmt.
Je höher der Detaillierungsgrad der ausgetauschten Information ist, desto enger ist die Zusammenarbeit. Je enger die Zusammenarbeit ist, desto empfindlicher reagiert die Beziehung, wenn Informationen nicht, nicht vollständig oder nicht im erwarteten Umfang ausgetauscht werden. Die Bedeutung der Kommunikations- und Informationssysteme, die die Kollaboration unterstützten, steigt mit zunehmender Bindungsintensität. Darüber hinaus besteht eine Abhängigkeit zu den Kollaborationsstrukturen, über die Kommunikationswege festgelegt werden und anhand derer beispielsweise auftretende Informationsasymmetrien erklärt werden können.
Je enger die Zusammenarbeit zwischen den Kollaborationspartnern ist, desto mehr Reibungspunkte können entstehen. Im Hinblick auf Konfliktvermeidung sollten daher bereits im Vorfeld Entscheidungsbefugnisse und Weisungskompetenzen geklärt sein, sowie Klarheit über die gemeinsamen Ziele herrschen. Im Hinblick auf Konfliktlösung sollten ein Konfliktmanagement eingerichtet und Eskalationsstrategien formuliert sein (vgl. Rahmenbedingungen).
Für die Wahl eines Werkzeugs zur Unterstützung der Kollaboration kann aus dem Umgebungsparameter ‚Bindungsintensität' abgeleitet werden, in wie weit das Kollaborationswerkzeug fachliche Funktionen unterstützen muss. Muss nur die Kommunikation zwischen den Kollaborationspartnern unterstützt werden, wird eine gemeinsame Datenbasis oder ein Wissensmanagementsystem benötigt oder muss eine Entwicklungsumgebung verfügbar sein?
Der Umgebungsparameter 'Bindungsintensität' hat eine besonders hohe Relevanz für für den Erfolg der Kollaboration in den Prozessen:
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