Prozesse

Der Kontext der Gruppe  

Kontext der Gruppe
Rollenbesetzung
vollständig teilweise wenige oder keine
Kohäsion
hoch mittel niedrig
Leistungsfähigkeit
hoch mittel niedrig
Normen haben sich entwickelt und Regeln sind festgelegt
JA teilweise NEIN
Nichteinhaltung von Normen und Regeln wird sanktioniert
JA NEIN

Gruppen sind in eine soziale und organisatorische Umgebung eingebunden. Das Verhalten der Gruppenmitglieder und das Gruppenverhalten sind daher nur aus einem Kontext heraus verständlich [Schw01]. Als Beispiel hierfür wird der Prozess der Entscheidungsfindung von Gruppen untersucht. Entscheidungen von Gruppen werden unter anderen Voraussetzungen getroffen als Entscheidungen von Individuen. Man kann davon ausgehen, dass Gruppen über mehr Informationen und mehr unterschiedliches Fachwissen verfügen als Individuen und somit eine breitere Informationsbasis als Entscheidungsgrundlage erstellen können. Kommen die Gruppenmitgliedern aus unterschiedlichen organisatorischen Einheiten, so kann auch davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung unter Umständen auf eine höhere Akzeptanz im Unternehmen stößt. Das alles sind Vorteile von Gruppenentscheidungen gegenüber Individualentscheidungen.

Gruppenentscheidungen können aber auch mit Nachteilen verbunden sein. Zum Beispiel kann der Entscheidungsfindungsprozess unter Umständen länger dauern und höhere Kosten verursachen. Vor allem aber haben Gruppenentscheidungen ein Gefahrenpotenzial, das sich aus den Strukturen der Gruppe ergibt. Neben der Gefahr des Gruppendenkens, neigen Gruppen häufig dazu, riskantere Entscheidungen zu treffen als Individuen. Die durch das Gruppengefühl entstehende Sicherheit und Geborgenheit in der Gruppe lässt die Gruppenmitglieder risikofreudiger agieren. Hinzu kommt, dass risikofreudigere Gruppenmitglieder ihre Position dominanter und vehementer vertreten als die risikoscheueren Gruppenmitglieder. Der so erzeugte Druck führt in manchen Fällen zu einer Entscheidung, die später nicht mehr in Frage gestellt wird. Darüber hinaus fühlen sich die einzelnen Gruppenmitglieder mit zunehmender Gruppengröße weniger verantwortlich für das Ergebnis der Gruppenarbeit. Das Phänomen wird als ‚GroupShift' bezeichnet [Kirc05; S.569ff.]. Um abschätzen zu können, ob aus der Gruppenstruktur ein solches Gefahrenpotenzial ableitbar ist, müssen deshalb Informationen über die Gruppenstrukturen vorliegen.

Für den Umgebungsparameter ‚Kontext der Gruppe' werden daher als Dimensionen diejenigen Aspekte gewählt, anhand derer die Gruppenstruktur beschrieben werden kann. Dies sind zum einen die Rollen in der Gruppe. Über diese Dimension wird in erster Linie festgehalten, ob alle Rollen, die für das Funktionieren der Gruppe besetzt sein müssen, auch wirklich von Gruppenmitgliedern ausgefüllt werden. Daneben gibt die Dimension Kohäsion Auskunft darüber, wie stark der Zusammenhalt in der Gruppe und die Attraktivität der Gruppe ist. Da eine hohe Gruppenkohäsion nicht gleichbedeutend ist mit hoher Leistungsfähigkeit, sondern sich unter bestimmten Voraussetzungen, beispielsweise wenn sich Gruppendenken entwickelt, mindernd auf die Leistungsfähigkeit auswirkt, muss diese separat betrachtet werden. Als dritte Dimension wird daher die Leistungsfähigkeit definiert. Die vierte Dimension befasst sich mit den Normen und Regeln in der Gruppe. Sie beschreibt, ob diese sich entwickelt haben beziehungsweise festgelegt wurden. Die Ahndung der Nichteinhaltung von Normen und Regeln in einer Gruppe ist förderlich für die Entwicklung von kooperativem Verhalten, folglich muss dies bei der Betrachtung des ‚Kontextes der Gruppe' ebenfalls von Interesse. Die oben stehende Tabelle gibt einen Überblick über den Umgebungsparameter ‚Kontext der Gruppe' und stellt die Ausprägungen der Dimensionen vor. Die Bewertung der Dimensionen erfolgt ebenfalls auf der Basis von Einschätzungen. Analog zum Umgebungsparameter Rahmenbedingungen können die Dimensionen bei Bedarf erweitert werden.

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Relevanz für die Prozesse der Anwenderschnittstelle

Der Umgebungsparameter 'Kontext der Gruppe' hat eine besonders hohe Relevanz für den Erfolg der Kollaboration in den Prozessen:

Anforderungen erheben
Anforderungen bewerten und verabschieden
Änderungsanträge verabschieden
Besprechung durchführen.

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