Milchsäurebakterien, Hefen und Schimmelpilze besitzen eine große Bedeutung als Starterkulturen. GVO sind für alle drei Mikroorganismengruppen entwickelt und in der Laborpraxis erprobt worden. Gegenwärtig ist noch nicht geklärt, ob diese GVO im großtechnischen Maßstab dem Vergleich mit traditionellen Kulturen Stand halten. Gegenwärtig sind noch keine gentechnisch veränderten Mikroorganismen für die Lebensmittelproduktion auf dem Markt. In Tabelle 17 sind wichtige Spezies von Fermentationsorganismen zusammengestellt.

Für die fermentative Verarbeitung von Milch zu Joghurt, Kefir, Dickmilch und Käse haben gentechnische Veränderungen an Milchsäurebakterien großes Interesse gefunden. Hohe wirtschaftliche Verluste treten immer wieder durch Phageninfektionen bei Fermentationen auf; sie machen den Hauptteil aller Prozeßstörungen aus. Der Phagenbefall kann durch eine gentechnische stabile Integration des natürlich vorkommenden, aber plasmidcodierten Resistenzgens ins Genom verhindert werden. Die Erbinformationen für weitere günstige Eigenschaften, z.B. Lactose-, Citratverwertung, Diacetyl-, Schleim- und Bacteriocinbildung, befinden sich häufig ebenfalls auf Plasmiden, so daß die entsprechende Gene ins Genom transferiert und ihre Expressionsraten verändert werden können.

Prokaryonten - Grampositive Bakterien

Milchsäurebakterien:

Lactobacillus

Streptomyces

Lactococcus

Leuconostoc

Pediococcus

Milchprodukte, Backwaren, Rohwurst, sauer-fermentiertes Gemüse, Gemüsesäfte, Bier, Wein

Joghurt, Käse

fermentierte Milchprodukte, Butter, Käse

fermentierte Milchprodukte, Butter, Käse, Wein, fermentiertes Gemüse

Sojasauce, fermentierter Fisch, Rohwurst, Oliven

Andere aerob und fakultativ anaerobe Bakterien
Bacillus

Staphylococcus

Mircococcus

Propionibacterium

Streptomyces

Natto

Rohwurst

Käserinde, Käseschmiere

Käse

Rohwurst

Gramnegative Bakterien
Acetobacter

Zymomonas

Halomonas

Vibrio

Essig

alkoholische Getränke

Rohschinken

Matjes

Eukaryonten

Schimmelpilze

Aspergillus

Mucor

Neuospora

Pencillium

Geotrichum

Monascus

Rhizopus


Sojasauce, Sojaprodukte, Rohschinken

Käse

Ontjom

Rohwurst, Käse

Käse

roter Reis

Tempeh

Hefen

Saccharomyces

Schizosaccharomyces

Kluyveromyces

Brettanomyces

Candida

Debaryomyces


Brot, Backwaren, alkoholische Getränke, Sojasauce

alkoholische Getränke

Kefir, alkoholische Getränke

Bier

Kefir, Rohwurst

Rohwurst

modifiziert nach Vogel und Hammes, 1993[3,13]

Tab. 17: Spezies von Starterorganismen für die Lebensmittelfermentation

Gattungen, an denen gentechnische Modifizierungen durchgeführt wurden, sind hervorgehoben.

In der Fleischwirtschaft werden Starterkulturen vorwiegend für die Rohwurstreifung eingesetzt. Erste GVO wurden entwickelt. Gene für die Bildung von Proteinasen, Lipasen, Katalasen, Nitratreduktasen und Aromastoffen wurden in die Organismen eingeführt oder Gene für die Synthese von Mycotoxinen und Antibiotika eliminiert.

Gentechnisch veränderte Hefen sind in Großbritannien für das Back- und Braugewerbe zugelassen. Für die Backindustrie wurde eine Hefe entwickelt, die bei der Teigführung kontinuierlich CO2 entwickelt und dadurch die Gehzeit verkürzt. Durch die gentechnische Veränderung wird die Repression von maltoseabbauenden Enzymen in Gegenwart von Glucose aufgehoben. Bei dieser Hefe kommt es nicht mehr zu der sonst üblichen Verzögerung der CO2-Produktion nach Verbrauch der Glucose im Teig. Diese Backhefe wird nicht eingesetzt. In die Brauhefe wurde eine Glucoamylase transferiert. Hierdurch kann der Organismus die durch die Hefeamylase entstandenen Gerstendextrine weitgehend abbauen und diese zu Alkohol vergären. Diese Hefe erzeugt somit ein kalorienreduziertes Bier. Großtechnisch wird die Hefe noch nicht eingesetzt. In der Nutfield-Versuchsbraucherei kann das Bier als "Nutfield Lyte lager®" käuflich erworben werden. Einige weitere Beispiele für gentechnische Modifizierungen an Hefen sind in Tabelle 18 aufgezeigt.

Zielgen Neue Eigenschaft Effekt
Backhefe:

Amylase

Thermo-Amylase

Glucoamylase

Rearrangement von Maltose

Hemicellulase

Lipase

Maltozymase

Bierhefe:

-Acetolactatdecarboxylase

Superoxid-Dismutase

Vitamin B1-Synthase - Thiaminsynthase

Glucoamylase, Amylase

Cellobiosen, Pentosen

Glucanase

FLO-Gene

Proteinase


Direkter Abbau der Stärke

Abbau von Stärke bei erhöhter Temperatur, schneller Abbau

Abbau von Dextrinen

Kontinuierliche CO2-Bildung





Unterdrückung der Diacetyl-Bildung

Abbau von oxidierten Verbindungen

Coenzym- / Vitaminbildung

Direkte Vergärung von Stärke und Dextrinen

Verwertung von anderen Kohlenhydraten

Abbau von Glucanen

Erhöhung der Flockungsaktivität

Veränderter Abbau von Proteinen


größeres Brotvolumen

verbesserte Lagerfähigkeit des Brotes

besser gehender Teig, Verarbeitungshilfe

verbesserter Teiggang

Abbau von Zellwand-Kohlenhydraten

Geschmacksoptimierung

süßer Teig ohne Zuckerzusatz

Verkürzung der Lagerzeit

Geschmacksstabilität der Biere

Erhöhung des Gehalt an wertgebenden Inhaltsstoffen

Prozessierhilfe, Gewinnung von kohlehydratarmen Bier; light-Bier

bessere (neue) Nutzung der (von) Rohstoffe(n)

Verbesserung der Filtrierbarkeit

Verbesserung der Filtierbarkeit

Peptidbindungen, Schaumstabilität

Tab. 18: Gentechnische Veränderungen an Back- und Bierhefen

Deutsche Bierbrauereien setzen wahrscheinlich in den nächsten 5 - 10 Jahren keine gentechnisch modifizierten Hefen ein. Die vorhandenen ganz auf die individuelle Brauerei angepaßten traditionellen Hefen sind für den Brauprozeß so optimiert, daß gegenwärtig eine Umstellung auf GVO betriebstechnisch nicht rentabel wäre. Tabelle 19 gibt einen Überblick zum Einführungsstand von gentechnisch modifizierten Hefen [14].

Einführungsstand von GV-Bierhefe
Stand D GB DK USA J
Forschung
Erprobung
Patente
Zulassung - - - -
Marktreife - - - -
Nutzung - - - - -

Tab. 19: Einführungsstand von GV-Hefen

1.4.2 Landwirtschaftliche Urproduktion

1.4.2.1 Pflanzen

Nahezu alle Pflanzen werden heute in einer Kombination von Gentechnik und klassischer Züchtung fortentwickelt [3, 15, 16, 17]. Neben den Hauptnutzpflanzen wie Mais, Reis, Weizen, Roggen, Sojabohnen, Süßkartoffeln und Kartoffeln wurden gentechnische Modifizierung an mehr als 90 weiteren Pflanzenarten durchgeführt. In der Europäischen Union umfaßt das Spektrum 36 Nutzpflanzen (Abb. 15; S. 26). Saatzuchtbetriebe und Unternehmen der Agro-Chemie der westlichen Industrieländer generieren die meisten transgenen Nutzpflanzen, aber auch Institutionen aus Drittweltländern modifizieren ihre traditionellen Nutzpflanzen entsprechend ihren spezifischen Anforderungen in erheblichem Umfang. Die Erzeugung von Toleranzen gegenüber Herbiziden sowie Resistenzen gegen Pilz- und Viruserkrankungen oder Insektenbefall stehen noch im Vordergrund (Abb. 10), da diese Eigenschaften meist monogener Natur sind und hierfür Gene bekannt sind bzw. zur Verfügung stehen. Weltweit weisen transgene Pflanzen mit diesen neuen Merkmalen einen Anteil von mehr als 70 % der transgenen Pflanzen auf. Qualitätsmerkmale dagegen werden sehr häufig von mehreren Genen ausgeprägt, jedoch sind gegenwärtig nur wenige solcher Gene bekannt. Eine Übersicht zu häufig transferierten Genen / Proteinen ist in Tabelle 20 aufgezeigt. Für die Überprüfung der im Labor und Gewächshaus gewonnenen Ergebnisse sind Freisetzungsexperimente unter natürlichen Umweltbedingungen unerläßlich. Weltweit wurden bis Ende 1997 mehr als 3800 Freisetzungen (Tab. 21) an mehr als 10000 Standorten vorgenommen. Die Freisetzungsexperimente unterliegen strengen Auflagen und transgene Pflanzen dürfen erst nach behördlicher Genehmigung ins Freiland ausgebracht werden. In Deutschland erfolgt die Genehmigung von Freisetzungen nach dem Gentechnik-Gesetz durch das Robert-Koch-Institut in Berlin (S. 53, 56).

Transferierte Gene - Proteine
Transferiertes Gen / Protein Neue Eigenschaft Pflanze
CAC d / ACC-Desaminase

cryIA(a); cryIA(b); cyrIA(c) / B.t.-Toxine

CP-EPSPS / EPSP-Synthase

COX / Glyphosate- Oxidoreduktase

aroA / APSP-Synthase

bar / Phosphinothricinacetyl-Transferase

bat / Phosphinothricinacetyl-Transferase

bxn / Nitrilase

barnase; barstar / Ribonuclease und Inhibitor

gldC / ADP-Glucosepyrophosphorylase

mtID / Mannit-Dehydrogenase

npt II / Neomycin-Phoshotransferase

gus / Glucuronidase

verzögerte Reifung

Resistenz gegen Insekten

Toleranz gegen Glyphosat

Oxidation von Glyphosat

Toleranz gegen Glyhosat

Toleranz gegen Glufosinat

Toleranz gegen Glufosinat

Toleranz gegen Bromoxynil

männliche Sterilität

Erhöhter Stärkegehalt

Erhöhter Mannitgehalt

Antibiotika-Resistenz

Farb-Markergen

Tomate

Kartoffel, Reis, Raps,

Tomate, Baumwolle, Tabak

Sojabohne, Canola, Raps

Raps

Tabak

Zuckerrübe, Raps, Tabak,

Kartoffel, Canola, Soja bohne, Tomate, Mais

Weizen, Canola

Baumwolle, Kartoffel

Raps

Kartoffel, Tomate

z.B. Tomate, Baumwolle

z.B. Kartoffel


PLRV-CP / Virales Hüllprotein

PVY-CP / Virales Hüllprotein

TMV-CP / Virales Hüllprotein

ZYMV-CP / Virales Hüllprotein

CMV-WL CP / Virales Hüllprotein

Resistenz gegen

Kartoffelbatt-Rollvirus

Kartoffel PVY-Virus

Tabakmosaikvirus

Zucchinimosaikvirus

Gurkenmosaikvirus


Kartoffe

Kartoffel, Tomate

Kartoffel

Kürbis, Zucchini

Gurke, Melone, Kürbis, Tabak, Tomate

Tab. 20: Häufig transferierte Gene / Proteine in Nutzpflanzen

Abb. 10: Freisetzungen von transgenen Pflanzen entsprechend den neueingeführten Merkmalen

Bis November 1997 wurden in Deutschland 72 Anträge auf Freisetzung transgener Pflanzen gestellt (Abb. 17). Alle Anträge wurden positiv beschieden; d. h. eine Gefährdung für Mensch und Umwelt ist weder durch die Pflanzen noch durch ihre Produkte zu erwarten. In der Europäischen Union wurden insgesamt 964 Anträge gestellt. Dies sagt jedoch nichts über die Anzahl der tatsächlich stattgefundenen Freisetzungen aus, da sich einerseits Anträge auch auf mehrere Standorte beziehen können. Anderseits wurden in Österreich zwar drei Anträge gestellt (Abb. 16), aber bislang wurden noch keine Freisetzungen genehmigt. (Eine Freisetzung, für die die Bearbeitung des Antrags noch nicht abgeschlossen war, mußte abgebrochen werden.)

Bis Ende 1997 hatten weltweit 43 transgene Pflanzen die Zulassung erhalten und zahlreiche weitere transgene Pflanzen stehen in der Erprobung (Tab. 22). In den USA und in Kanada sind nicht nur die meisten transgenen Pflanzen freigesetzt worden, sondern auch die meisten Pflanzen (27 Varietäten) sind hier zugelassen. 21 Pflanzen standen 1997 mehr oder minder intensiv genutzt auf einer Fläche von ca. 12 Millionen ha im Anbau (Abb. 14). Diese Fläche entspricht der gesamten in Deutschland landwirtschaftlich genutzten Ackerfläche (11,7 ha). Den größten Anteil nahmen hierbei die herbizidtoleranten Sojabohnen (Roundup Ready Sojabohnen®; RR-Sojabohnen) der Firma Monsanto mit 3,6 Millionen ha ein. Von der gleichen Firma wurden in Nordamerika 8 transgene Pflanzenvarietäten auf insgesamt 6,3 Millionen ha angebaut (Tab.23). In Tabelle 24 sind die in den USA kommerziell genutzten transgenen Pflanzen aufgelistet.


Freisetzungen von transgenen Pflanzen
Land Anzahl der

Freisetzungen

USA

Europäische Union

Kanada

Argentinien

China

Australien

Chile

Mexiko

Japan

Südafrika

Ungarn

Kuba

Costa Rica

Neuseeland

Rußland

Bolivien

Belize

Bulgarien

Guatemala

Ägypten

Schweiz

Thailand

Norwegen

Zimbabwe

Summe:

1952

964

486

78

60

46

39

38

25

22

22

18

17

15

11

6

5

3

3

2

2

2

1

1

3818





Tab. 21: Anzahl der weltweiten Freisetzungen transgener Nutzpflanzen



Transgene Pflanze und Eigenschaft Marktreife Unternehmen
Himbeere mit verlängerter Haltbarkeit

Aroma-verstärkter Pfeffer

Pilz-resistente Tomate

Virus-resistente Tomate

Insekten-resistentes Getreide

Nematoden-resistente Kartoffel

Pilz-resistente Kartoffel

Getreide mit besseren Erträgen

Virus-resistenter Kürbis/Melone

Glufosinat-resistente Zuckerrübe

Glyphosat-resistente Zuckerrübe

Pilz-resistente Zuckerrübe

Virus-resistente Zuckerrübe

Allergen-armer Reis

Amylose-reduzierter Reis

Bromoxynil-tolerantes Getreide

Bromoxynil-toleranter Ölsaatraps

Glufosinat-resistente Sojabohne

Glufosinat-resistentes Getreide

Reis mit veränderten Proteingehalt

Reis mit Provitamin A Synthese im Korn

Stärkereiche Kartoffel

Sulfonyl-Harnstoff-resistente Baumwolle

Sojabohne erhöhtem Fettsäuregehalt

Sojabohne mit erh.ungesätt.Fettsäuregehalt

Virus-resistente Luzerne

Virus-resistente Getreide

Virus-resistente Kartoffel

Virus-resistente Melone

Virus-resistente Tabak

Weizen mit Resistenz gegen Trockenheit

1996

1996-1997

1996-1997

1996-1997

1996-1997

1997-1998

1997-1998

1997-1998

1997-1998

1998-1999

1998-1999

1999-2000

1999-2000

?

?

?

?

?

?

?

?

?

?

?

?

?

?

?

?

?

2002

Agritope

DNAP

MOGEN

Calgene

CibaSeeds

MOGEN

"

"

DowElanco

Agrow

Maribo

"

"

Mitsui

Toatsu


Kakoumai

Frito Lay

DuPont

"

Pioneer

"

"

Hakkaido

Lima Grain

J.Tabacco

Monsanto

Tab. 22: Transgene Pflanzen in der Erprobung


Anbauflächen von transgenen Pflanzen der Firma Monsanto

(in 1000 Hektar)
Land
Pflanze USA Kanada Mexiko Argentien Australien
Roundup Ready Sojabohnen

Bollgard/Ingard Baumwolle

Roundup Ready Baumwolle

YieldGard Mais

Roundup Ready Raps

NewLeaf Kartoffel

Laurinsäure-Raps

BXN-Baumwolle

Summe:

3600

965

240

1200

10

28

100

6143

1

4

200

2

207


15

4




19

1400






1400


60





60

Tab. 23: Anbauflächen transgener Pflanzen der Firma Monsanto weltweit (nach Firmenangaben, 1997)


Pflanze/Frucht Verändertes Merkmal Jahr Firma
Tomate


Kürbis

Baumwollle

Sojabohne

Kartoffel

Raps

Mais

Raps-Canola

Mais

Raps

Mais

Tomate

Mais

Mais

Baumwolle

Kartoffel

Raps

Mais

Reife/Lagerfähigkeit

Verzögerte Reifung

Verzögerte Reifung

Verzögertes Weichwerden

Virustoleranz

Herbizidtoleranz (Bromoxynil)

Herbizidtoleranz (Glyphosat)

Insektentoleranz (Bt-Toxin)

Herbizidtoleranz (Glufosinat)

Herbizidtoleranz (Glufosinat)

Fettsäurespekrum (C12)

Herbizidtoleranz (Glyphosat)

Herbizidtoleranz (Glyphosat)

Insektentoleranz (Bt-Toxin)

Modifizierte Fruchtreifung

Herbizidtoleranz (Glyphosat)

Insektentoleranz (Bt-Toxin)

Herbizidtoleranz (Sulfonylharns.)

Insektentoleranz (Bt-Toxin)

männlich-steril

männlich-steril

1994

1994

1994

1994

1994

1994

1994

1994

1995

1995

1995

1995

1995

1995

1996

1996

1996

1996

1996

1996

1996

Calgene

DNA Plant Technology

Monsanto

Zeneca

Asgrow Seed

Calgene

Monsanto

Monsanto

AgrEvo

AgrEvo

Calgene

Monsanto

Monsanto

Ciba-Geigy

Agritope

Dekalb Genetics

Monsanto, Northrup K.

Dupont

Monsanto

Plant Genetics

Plant Genetics

Tab. 24: Kommerzialisierte Nutzpflanzen in den USA

Es ist nicht verwunderlich, daß bei dem weltweiten Handel die Pflanzen bzw. die daraus gewonnenen Erzeugnisse auch auf den europäischen Markt drängen. Noch vor Verabschiedung der Novel Food Verordnung im Mai 1997 erhielten Erzeugnisse aus herbizidtoleranten RR-Sojabohnen und insekten-resistentem Bt-Mais (Novartis) die Genehmigung zum Inverkehrbringen entsprechend der Freisetzungsrichtlinie. Transgene Sojabohnen und transgener Mais dürfen nur zur Verarbeitung in die Europäische Union eingeführt werden; ein Anbau ist nicht erlaubt.

Sojabohnen

Die Sojabohne ist durch die Integration der mikrobiellen CP4-EPSP-Synthase tolerant gegenüber dem Breitbandherbizid Roundup®. Das Herbzid inhibiert das pflanzliche Schlüsselenzym, die EPSP-Synthase, für die Biosynthese von aromatischen Aminosäuren. Alle Pflanzen, die mit dem Herbizid in Kontakt kommen, können nicht mehr die essentiellen aromatischen Aminosäuren synthetisieren und gehen dadurch ein. Das mikrobielle Enzym weist eine weit geringere Inhibierung auf und ermöglicht der transgenen Pflanze über dieses Enzym die Bildung der lebenswichtigen Aminosäuren. Die transgene Sojabohne enthält nur die zur Ausprägung der neuen Eigenschaft notwendigen Genkonstruktelemente (Abb.11). Als einziges neues Protein enthält die Pflanze nur die mikrobielle CP4-EPSP-Synthase. Die Promotor- und Terminatorsequenzen werden nicht translatiert und das Chloroplasten-Transitpeptid (CTP) wird nach der Translokation der Synthase in die Chloroplasten hydrolysiert. Im Gegensatz zu den bisher auf dem Markt befindlichen transgenen Pflanzen erhält die RR-Sojabohne keine Markergene, insbesondere kein Antibiotika-Resistenzgene. Diese wurden während der Generierung des Transgens von der Pflanze selbst eliminiert [18, 19].

1996 wurde ca. 2% der Sojabohnenanbaufläche mit transgenem Saatgut bestellt. Die ersten Erfahrungen der US-Farmer mit dem neuen Saatgut waren durchweg positiv; die Erträge lagen ca. 5 % höher, und der Einsatz von Herbiziden wurde deutlich - je nach Wildkrautbesatz zwischen 9 und 36 % - reduziert. Die Farmer mußten weniger Betriebsmittel einsetzen und erzielten insgesamt einen höheren Betriebsertrag, obwohl das Saatgut teurer ist als das der traditionellen Sojabohnen. 1997 hat sich die Anbaufläche für transgene Sojabohnen auf 8-10 Millionen acres erweitert (ca. 14-15 % der Anbaufläche). Aber auch in Argentinien und Paraguay hat der Anbau von Roundup-Ready Sojabohnen® beträchtlich zugenommen. Für Brasilien steht die Zulassung für die transgene Bohnen noch aus; sie wird aber für kommende Aussaatperioden erwartet. Brasilien kaufte 1997 ca. 1,5 Mio. t Sojabohnen als Mischung von konventionellen und transgenen Sojabohnen in den USA auf. Wahrscheinlich wurden auch Bohnen von den Versuchsfeldern in den Handel gebracht.



Abb. 11: Integriertes Genkonstrukt in die transgene Sojabohne (Roundup-Ready-Sojabohne®)

Abb. 12: Stoffliche Zusammensetzung und Verarbeitung von Sojabohnen
(Angaben zur Zusammensetzung sind Durchschnittswerte.)

Sojabohnen sind eine gute und billige Rohstoffquelle für Öl, Lecithin und Eiweiß (Abb. 12). Öl aus diesen herbizidresistenten Sojabohnen unterscheidet sich nicht von dem aus traditionellen Sojabohnen. Im Sojaprotein und im Lecithin sind, je nach Aufarbeitung, noch die neueingeführte DNA und das entsprechende neue Protein nachweisbar enthalten.

In Tabelle 25 ist die voraussichtliche Anbaumenge an RR-Sojabohnen und die Importe nach Deutschland aufgelistet. Sojabohnenprodukte, wie Öl, Protein und Lecithin, sind in mehr als 30.000 Lebensmitteln erhalten (Abb. 13). Während Sojabohnenöl in vielen Lebensmittel substituiert werden kann, läßt sich das Lecithin nicht einfach austauschen. Zunehmend wird gerade in deutschsprachigen Raum der natürliche Emulgator Lecithin durch synthetische Erzeugnisse ersetzt. Für Lecithin ist es heute (1998) unmöglich, hinreichende Mengen zu erhalten, die nicht aus einer Mischung von transgenen und konventionellen Sojabohnen stammen. Große Mengen an "gentechnisch freiem" Lecithin sind nicht mehr erhältlich; wohl aber kann Lecithin so weit aufgearbeitet werden, daß die rekombinierte DNA im Produkt nicht mehr nachweisbar enthalten ist. So würde die gesamte Sojabohnenproduktion Österreichs nicht ausreichen, um eine deutsche Schokoladenfabrik mit Lecithin zu versorgen.

Anbau und Verarbeitung von Sojabohnen 1997
Anbau Sojabohnen weltweit:

Anbaumenge in den USA:

RR-Sojabohnen in den USA:

ca. 146 Mio t

ca. 73 Mio t

ca. 7-10 Mio t

Gesamte Importmenge der europäischen Ölmühlen:

davon aus US-Anbau:

ca. 15 Mio t

ca. 10 Mio t

Gesamte Importmenge deutscher Ölmühlen:

davon aus US-Anbau:

ca. 3,5 Mio t

ca. 2,2 Mio t

Menge an RR-Sojabohnen voraussichtlich zur Weiterverarbeitung in deutschen Ölmühlen:
ca. 220 - 330 Tsd t
zu Öl und Lecithin weiterverarbeitet: ca. 40 - 60 Tsd t
zu Sojaschrot weiterverarbeitet - Tierfutter: ca. 175 - 260 Tsd t
Gesamtproduktion an Sojaschrot deutscher Ölmühlen: ca. 2,8 Mio t
Gesamtproduktion an Sojaöl deutscher Ölmühlen:

nach: Information Biotechnologie, Frankfurt 1997

ca. 0,6 Mio t

Tab. 25: Anbaumengen von transgenen Sojabohnen in den USA


Abb. 13: Lebensmittel die Sojaerzeugnisse enthalten

Mais

In den USA werden verschiedene transgene Maisvarietäten von mehreren Saatgutfirmen angeboten (Bt-Mais und herbizid-toleranter Mais). Die Anbaufläche von transgenem Mais erhöhte sich in diesem Jahr (1997) von 0.5 auf ca. 8 Mill. acres. Für den Import in die Europäischen Union ist nur der insektenreistente Mais (Bt-Mais) der Firma Novartis zugelassen. Mit dem vermehrten Anbau von Mais in den USA besteht durchaus die Möglichkeit, daß Maisprodukte (Stärke, Glucose-Fructose-Sirup) oder Corngluten als Tierfutter in Mischungen aus nicht zugelassenen Maisvarietäten und zugelassenen sowie traditionellen Mais nach Europa gelangen können. Die meisten Maisvarietäten stehen auch zur Zulassung in der Europäischen Union an (Tab. 26).

Mais - Regulationsstatus in den USA und in der Europäischen Union
USA
EU
Eigenschaft

Insektenresistenz

dito

dito

dito

Herbizidtoleranz

dito

Hybridsystem u.

Herbizidtoleranz


Bt-Toxin


Gufosinat

Glufosinat

Unternehmen

Monsanto

Mycogen

Novartis

Novartis

Dekalb

AgrEvo

AgrEvo

Zulassung

1995

1995

1995

1996

1995

1996

1996

Eigenschaft

Bt-Toxin


Glufosinat

Bt-Toxin u.

Glyphosat

Unternehmen

Novartis

Mycogen

Pioneer

Monsanto

AgrEvo

RAGT

Monsanto

Zulassung

1997

Phase II

Phase II

Phase II

Phase II

Phase I

Phase I

Phase I Entscheidung durch den Staat bei dem der Freisetzungsantrag gestellt wurde(90/220/c/EWG)

Phase II EU-Kommission, Artikel 21 Komitee

Tab. 26: Regulationsstatus von transgenem Mais in den USA und in der Europäischen Union


Der insektenresistente Mais (Bt-Mais) der Firma Novartis enthält drei neue Gene. Das Genkonstrukt für ein Bacillus thuringensis-Toxin, das der Pflanze die Resistenzgegenüber dem Maiszünsler verleiht, sowie zwei weiterere Gene, die der Selektion der transgenen Pflanze bzw. der Bakterien für die Vermehrung der Genkonstrukte dienten; es sind das PAT-Gen (Phosphinothricin Acetyltransferase für die BASTA-Toleranz, Glufosinat) und das Ampilicin-Antibiotika-Resistenzgen. Letzteres wird im BT-Mais nicht exprimiert, da es unter der Kontrolle eines mikrobiellen Regulators steht. Im Maiskorn findet nahezu keine Expression der Bt-Toxins statt. Bt-Mais wurde in den USA als erste Mais-Varietät zugelassen. Bt-Maisprodukte kamen Ende 1996 auch auf den europäischen Markt. 1997 war ein Anbau von Bt-Mais (Novartis) in Europa nicht möglich, da noch keine Sortenzulassung vorlag.

Herbizidtoleranter Raps (BASTA) der Firma AgrEvo erhielt als erster transgener Raps in Kanada die Zulassung für Anbau und Vermarktung sowie in USA die Genehmigung zum Inverkehrbringen von Öl und Rapsschrot. In Kanada betrug die Anbaufläche 1996 für diesen Raps ca. 5 %. Sie erhöhte sich 1997 auf ungefähr 30-35 %, da einerseits die Farmer hier erstmals ein nur schwer zu bekämpfendes Unkraut erfolgreich angehen konnten und sich die Bodenbearbeitung vereinfachte und anderseits der transgene Raps und seine daraus gewonnenen Erzeugnisse in Japan die Zulassung erhalten haben. Japan ist mit ca. 1.5 Mio t der Hauptabnehmer. Die Gesamternte an Raps (Canola) betrug 1996 ca. 6 - 7 Mio. t; hiervon gingen nur 0,2 - 0,3 Mio. t in den EU-Raum. Dieser Raps hat inzwischen auch in der europäischen Union die Zulassung erhalten, und das Inverkehrbringen der daraus gewonnenen Erzeugnisse ist möglich.

In Abb. 14 ist die Entwicklung des Anbaus der wichtigsten transgenen Nutzpflanzen für den Zeitraum 1996 /1997 in Nordamerika tabellarisch dargestellt.

Abb. 14: Anbauflächen von transgenen Nutzpflanzen in Nordamerika


Bei pflanzlichen Erzeugnissen ist die Gentechnik bereits Realität und sie hat große ökonomische und ökologische Vorteile. In der Nutzung dieser Vorteile durch transgene Pflanzen hinkt Europa der Weltentwicklung hinterher. Wie erwähnt, wurden zwar in der Europäischen Union von allen Mitgliedsstaaten Anträge auf Freisetzungen für die unterschiedlichsten Pflanzen gestellt (Abb. 15, Abb. 16), aber gegenwärtig können nur Tabak und Mais kommerziell genutzt werden. Raps und Radicchio dürfen nur zu Züchtungszwecken verwendet werden (s. S. 56, Tab. 7).

Von Unternehmen, Saatgutzüchtern und Forschungseinrichtungen wurden bis November 1997 in Deutschland 72 Anträge auf Freisetzungen gestellt. Sie bezogen sich überwiegend auf Raps, Mais und Zuckerrüben (Abb. 17). Deutsche Pflanzenzüchtern, die in der Regel klein- und mittelständisch sind, arbeiten sehr innovativ und erfolgreich an transgenen Pflanzen; ein Ausschnitt zu den Zuchtzielen ist in Tabelle 27 aufgezeigt. Transgene(s) Pflanzen bzw. Saatgut, das von deutschen Zuchtunternehmen entwickelt wurde, gelangt sicherlich nicht vor 2001 auf den Markt.



Abb. 15: Freisetzungen von transgenen Pflanzen in der Europäischen Union
* Apfel, Aubergine, Broccoli, Chrysantheme, Erdbeere, Futterrübe, Gerste, Karotte, Kohl, Orange, Petunie, Pflaume, Steckrübe, Usambra-Veilchen, Zucchini


Gentechnische Arbeiten in deutschen Pflanzenzuchtbetrieben *
Züchter Kulturart Zuchtziele Zulassung


Deutsche Saatveredelung

Lippstadt GmbH (DSV)

Winter- und Sommerraps

Sommerraps

Ollein

verschiedene Arten verschiedener Pflanzen

Herbizidresistenz

veränderte Fettsäuremuster 1

Krankheitsresistenz

Qualität

Entwicklung molekularer Marker

Entwicklung neuer Techniken

1998

?

?

?



Kleinwanzlebener

Saatzucht AG (KWS)

Zuckerrüben

Mais

Kartoffeln

Raps

Herbizidresistenz

Rizomaniaresistenz

Herbizid-, Maiszünslerresistenz

männliche Sterilität

Stärkezusammensetzung

verändertes Fettsäuremuster

nach 2000

?

um 2000

?

?


Norddeutsche

Pflanzenzucht KG (NPZ)



Winter- und Sommerraps
Herbizidresistenz

erhöhter Laurinsäuregehalt

verändertes Fettsäuremuster

höherer Ölgehalt

Entwicklung molekularer Marker 2

1998

1999

?

?



Saaten-Union 3




Weizen

Roggen, Gerste

Raps

Bestimmung genetischer Distanzen von

Zuchtlinien, Genomcharakterisierung,

markergestützte Rückkreuzung

Genomcharakterisierung,

Entwicklung molekularer Marker

markergestützte Rückkreuzung

Bestimmung genetischer Distanzen von

Zuchtlinien

markergestützte Rückkreuzung

1) Verbundprojekt zwischen DSV, KWS, NPZ und Forschungseinrichtungen (kurz, mittelkettige Fettsäuren und Erucasäure).

2) Arbeiten führt Resistenzlabor der Saaten-Union durch.

3) Forschungs- und Entwicklungsarbeiten werden im Resistenzlabor von den in der Saaten-Union zusammengeschlossenen Züchtern durchgeführt.

* klein- und mittelständische Unternehmen DLG; 1997

Tab. 27: Entwicklungs- und Zuchtziele deutscher Saatzuchtbetriebe

In Zukunft werden immer mehr Änderungen hinsichtlich Qualitätsverbesserungen und der Zusammensetzung von Speichersubstanzen pflanzlicher Produkte sowie Resistenzen gegenüber Streßsituationen an Bedeutung gewinnen. Mit mehr Erkenntnissen über Genregulation und nutzbare Gene werden mehr Organismen gentechnisch "gezüchtet" werden, bei denen eigene gene oder Gene naher Verwandter benutzt und entsprechend der naturbedingten Situation an- bzw. ausgeschaltet werden. Die Effizienz und der zielgerichtete Einbau von Genen wird in Zukunft noch verbessert werden. Es wird angenommen, daß innerhalb der nächsten 20 - 30 Jahren kaum noch neue Nutzpflanzensorten auf den Markt kommen, die nicht in irgendeiner Weise mit der Gentechnik in Berührung gekommen sind.

Zunehmend werden transgene Pflanzen als Produktionsorganismen für nachwachsende Rohstoffe (Amylose, Amylopektin in "Industriekartoffeln", Raps mit mittelkettigen Fettsäuren als Detergentien oder mit Erucasäure als Industrieöl) entwickelt. Auch werden in Zukunft im medizinischen Bereich immer mehr transgene Pflanzen zur Gewinnung von Impfstoffen, Antikörpern, menschlichen Bluteiweißen oder Enzymen eingesetzt werden. Ein Impfstoff für Malaria sowie ein monoklonaler Antikörper aus transgenen Pflanzen kommen 1998 bereits in die erste klinische Prüfungsphase.

Abb. 16: Anträge auf Freisetzungen in den EU-Mitgliedsstaaten


Abb. 17: Freisetzungen transgener Pflanzen in Deutschland


Abb. 18: Futtermittelimporte in die Europäische Union

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